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Nehmen wir an, wir vergleichen die Bahnfahrt mit der Fahrt in einem guten Mittelklasseauto mit Anschaffungskosten von knapp 40.000 EUR. Die Gesamtkosten (Vollkosten) kommen da etwa auf 22 Cent/km. Zzgl. Kraftstoff und Parkgebühren.

Nun zum Rechenbeispiel:

Ich besuche recht regelmäßig verschiedene Kunden in Frankfurt. Meist nutze ich die Bahn (eben weil das per se umweltfreundlicher ist) und fahre von meinem Wohnort Nidda nach Frankfurt West. Das dauert, wenn alles glatt läuft, ziemlich genau 1:10h pro Strecke. Plus 15min von zu Hause zum Bahnhof plus 15min Fußweg Bahnhof-Kunde. Alles in allem im Idealfall also 3:20h pro Tag. Leider läuft in etwa 1/3 der Fälle nicht alles „glatt“, was die Fahrzeit auf mindestens 1:50h, manchmal auch auf deutlich >2h erhöht. Hinzu kommt die zeitliche Unflexibilität, denn die oben angegebene Idealzeit klappt nur zu bestimmten (recht extrem frühen bzw. späten) Zeiten, wenn es eine durchgehende Verbindung gibt. Ansonsten kommt 1x oder manchmal 2x Umsteigen hinzu (mit jeweils 4 bzw. 5min Umsteigezeit, was schon bei kleinen Abweichungen des ersten Zuges das Risiko der Verlängerung der Gesamtzeit immens erhöht).

Komfort? Eher nicht. Statt dessen Gedränge, Hektik, Stehplätze, etc. Kostenpunkt für diese zwar umweltfreundliche, aber recht unkomfortable und sehr “fehleranfällige” Fortbewegungsart: 12,35 EUR einfach (also 24,70 EUR mit Rückfahrt).

In der Realität ist das Auto natürlich auch dann da und kostet Geld, wenn man mit der Bahn fährt. Gehen wir mal von einer fiktiven (aber ich denke sehr realistischen) Leasing- oder Finanzierungsrate von 450 EUR/Monat aus, kostet das Auto an dem Tag, an dem wir mit der Bahn unterwegs sind, 15 EUR.

Somit kommen wir auf Gesamtkosten bei Nutzung der Bahn in Höhe von 39,70 EUR pro Tag.

Jetzt das Auto: Um Vergleichbarkeit zu schaffen, parke ich im Beispiel am Bahnhof Frankfurt West. Der Fußweg Bahnhof-Kunde ist also identisch. Ich spare den Weg von Zuhause zum Bahnhof von 2x 15min täglich. Fahrzeit im Vergleich zu den o.a. „Idealzeiten“ ca. 50 Minuten, also 1:40h pro Tag. Ich spare mit dem Auto also pro Tag 1:40h, also die Hälfte der Reisezeit ein. Nutze ich nicht diese „Extremzeiten“, verlängert sich die Fahrzeit auf etwa 1,5h morgens und 1h abends. Macht 2,5 Stunden, was immer noch um 50 Minuten unter der “Idealzeit” der Bahn liegt (ohne dortige zusätzliche Risiken einer massiven Fahrzeitverlängerung zu berücksichtigen).

Für die Berechnung der Fahrzeugkosten nutze ich folgende Parameter: 
57km einfach (=114km/Tag). Verbrauch 8,5l/100km. Preis 1,23 EUR/l Diesel.

Fahrzeugkosten exkl. Kraftstoff und Parken betragen also bei 114km Gesamtstrecke pro Tag 25,08 EUR (siehe oben). Hinzu kommen die variablen Kosten (also Kraftstoff und Parken).

– Kraftstoffkosten 11,96 EUR
– 1 Tagesticket am Frankfurter Westbahnhof kostet 5 EUR. 
– Variable Gesamtkosten pro Tag betragen also rechnerisch 16,96 EUR

Die Gesamtkosten für die Nutzung des Autos betragen im Beispiel 42,04 EUR. Wir steigen also morgens ins Standheizungs-vorgewärmte Auto, sind gemütlich unterwegs ohne Hetzen, Umsteigen, Gedränge usw. Es vernichtet auch nicht gleich unseren gesamten Reiseplan, wenn wir mal 5 Minuten später losgehen und wir sparen bei nicht optimalen Bedingungen trotzdem noch 50 Minuten Lebenszeit pro Tag. Dieser Komfort kostet uns insgesamt gegenüber der Bahnfahrt mit allen “Nicht-Komfort-Merkmalen” 2,34 EUR. Ist es mir das wert? Auf jeden Fall!

Gehen wir nun noch einen Schritt weiter und bilden eine Fahrgemeinschaft. Mit 2 Personen im Auto sparen wir gegenüber der jeweiligen Alleinreise per Bahn bereits 22,36 EUR pro Tag (darin bereits eingerechnet ist die Annahme, dass der Mitfahrer auch ein Auto besitzt, das dann ungenutzt stehend Geld kostet, s.o.).

Im obigen Beispiel nicht berücksichtigt sind Monats- oder Jahrestickets für Menschen, die dieselbe Strecke täglich absolvieren. Damit würden die Bahn-Kosten auf 330 EUR/Monat oder 16,50 EUR/Tag sinken zzgl. der “Eh-da-Kosten” für das Auto (in Summe also 31,50 EUR/Tag). Die Mehrkosten bei Alleinfahrt mit dem Auto betrügen in diesem Fall 10,54 EUR. Die Ersparnis bei Mitnahme eines zweiten Pendlers “nur noch” 9,64 EUR. Pro Tag.

Wenn man jetzt einmal ganz pragmatisch denkt und eben nicht den Umweltgedanken in den Vordergrund rückt: Weshalb sollte jemand Bahn fahren??? Und nein, die richtige Schlussfolgerung ist nicht “Autofahren ist zu billig”, sondern “Bahnfahren ist deutlich zu teuer”. Hier sollte/muss die Politik ansetzen.